Autor: Alexander Disler
Arbeiten im Team ist ein Hype. Deshalb entstehen täglich neue interdisziplinäre Teams in vielen Unternehmen, gar über Firmengrenzen hinweg. Teamarbeit ist somit der letzte Schrei.
Und tatsächlich können Teams toll sein, zu mindestens im theoretischen Ansatz! Und so wird eine Fülle von Teammeetings einberufen. Im Zweifelsfall nimmt man sogar jeden möglichen Kollegen mit, denn so denken die meisten, je mehr Teilnehmer (und somit Hirne), desto besser das Brainstorming oder andere Ideenfindungsmethoden und desto interessanter die Diskussionsloops. In vielen solchen Teams wird (manchmal) nur Schwachsinn produziert. Denn, wenn wir in Gruppen arbeiten, bedeutet dies ja noch lange nicht, dass wir (alle) zu Genies werden – vielfach ist leider das Gegenteil der Fall, man wird zu einem richtigen Trottel.
Teamfähigkeit ist heutzutage ein MUSS-Kriterium in beinahe jeder Jobausschreibung. Und selbstverständlich «bringen» dies auch alle Jobbewerber, zumindest aufgrund der Bewerbungsunterlagen, entsprechend mit. Das Blöde daran ist, dass wir persönlich sehr wohl jede Menge Kollegen kennen, die definitiv keine Teamplayer sind.
Sprüche aus «keine echten Teams» sind
- das gehört nicht in meinen Aufgabenbereich
- hierfür haben wir die Expertin XX
- ich wusste nicht, was ich tun sollte
- nur «das» war meine Aufgabe
- ich konnte das ja nicht wissen
- niemand hat mir geholfen
oder gar
- es geht nicht um gute Leistung, sondern wer die längste Schleimspur hinterlässt
- als normaler Mitarbeiter ist man eh der Idiot
Solche Teams mit solchen Aussagen sind komplett kontraproduktiv. Denn Arbeitsteams können eine eigene Gruppendynamik entwickeln, die schädlich oder eben positiv ist. Eine positive Dynamik erreicht man nur, wenn Führungskräfte richtig steuern und in den Teamprozess eingreifen.
Teamarbeit stiftet vor allem dann Sinn, wenn der eigene Ideenspeicher leer ist oder die zu leistende Arbeit aus fachtechnischem Hintergrund nicht alleine bewältigbar ist.
Das Institut für Arbeits-, Organisations- und Sozialpsychologie von der Technischen Universität Braunschweig hat das soziale und emotionale Verhalten in Gruppen untersucht. Die Wissenschaftler gingen der Frage nach, welche gruppendynamischen Effekte es gibt.
- Social Loafing
Unter Social Loafing versteht man «soziales Faulenzen», welches die Arbeit innerhalb eines Teams massiv erschwert. Dabei fahren Mitarbeiter ihre Arbeitsleistung im Team herunter. Hintergrund ist, dass die individuelle Leistung jedes Einzelnen im Team für das Gesamtergebnis nicht sichtbar ist. Eine Folge davon ist, dass meistens ein Motivationsverlust (Motivation) bei den Teammitgliedern eintritt und sie damit einhergehend ihr Engagement senken.
Lösungsansatz: Individuelle, herausfordernde Ziele definieren, Kontrollen durchführen, Einzelleistungen sichtbar machen und ev. ein Belohnungssystem installieren. - kollektives Harmonieproblem
Arbeiten wir in Gruppen, so sind wir darauf bedacht, die Gruppe als solches zusammenzuhalten. Da in der Gruppe der Fokus auf den zu erwartenden, gemeinsamen Teamerfolg gelegt wird, führt dies dazu, dass wir unsere persönlichen Meinungen und Ansichten für uns behalten – dies immer unter dem Aspekt zum Wohle der Allgemeinheit.
So herrscht untereinander im Team zwar eine gute Harmonie, die «echten» persönlichen Ansichten und Gefühle werden unterdrückt. So verwundert es nicht, dass in solchen Teams ausserordentliche kreative Lösungen und Ansätze oder das Out-of-the-Box-Denken nicht praktizieren werden.
Lösungsansatz: Psychologische Teamübungen (um die Hürden innerhalb des Teams abzubauen), mehrtägige Klausurtagungen, externer Coach, Team-Führungskraft steuert aktiv dagegen - Köhler-Effekt
Hinkt ein Team den geplanten Arbeiten hintennach oder wurden Zwischenziele nicht erreicht, so besteht die Gefahr, dass einzelne Teammitglieder die gesamte Arbeit im Alleingang übernehmen und sich «aufopfern». Dieses Phänomen bezeichnet man als Köhler-Effekt. Das aufopfernde entsprechende Teammitglied strengt sich noch mehr an, um nicht für die geringe Qualität der Gruppenleistung verantwortlich zu sein.
Lösungsansatz: faire, gerechte Arbeitsverteilung innerhalb des Teams durch den Teamleiter, Team-Ziele hinterfragen (wie z.B. benötigt es wirklich ein Team für diese Aufgabe), Motivation der anderen Teammitglieder, Verantwortlichkeiten überprüfen - Trittbrettfahrer
Ein weiterer Effekt, der mit dem Köhler-Effekt einhergeht, ist das Trittbrettfahren: Mitarbeiter profitieren vom Einsatz ihrer Kollegen, tragen aber nichts zum Gruppenerfolg bei. Im Gegensatz zum Social Loafing findet das Trittbrettfahren gezielt bewusst statt. Realisiert dies ein Teammitglied oder das Team als Ganzes, so sinkt die Motivation der engagierten Mitarbeiter, bzw. die eigene Leistung wird heruntergefahren. Denn, wer will sich schon ausnutzen lassen.
Lösungsansatz: Der Coach oder der Team-Leiter sollte die Leistungen von allen Mitarbeitern sichtbar machen. Achtung, stellen Sie dabei Team-Mitglieder nicht bloss.
Teams sollten mit einer «erfahrenen» Hand geführt, geleitet und motiviert werden (Führungskultur). Teamführung ist Chefsache und kann schlecht delegiert werden. Die Teammitglieder erwarten eine faire, sachliche Führung, wo offen untereinander Befürchtungen, Ängste und Bedenken ausgesprochen werden können. Machen Sie Teamarbeit produktiv, indem Sie das soziale und emotionale Verhalten der Gruppen situativ berücksichtigen.
Innovation enstehen selten durch Teams. Doch Teams setzen diese Innovation um und dabei ist es wichtig, dass sich diese Teams mit dem Auftrag des Ideengebers identifizieren. Findet diese Identifikation nicht statt, dann läuft die Teamarbeit ins Leere.
Wenn ein Team ehrgeizige Ziele hat und alle bereit sind, auf dieses Ziel hin zu arbeiten, dann wird Teamarbeit immer erfolgreich sein. Das bedeutet aber auch, dass diejenigen, die eine Schleimspur legen, aus dem Team entfernt werden bevor die anderen Teammitglieder auf dem Schleimspur ausrutschen.
Somit muss entschieden, auch wenn dies hierarchisch positionierte Teammitglieder betrifft.
Doch wer kippt schon seinen Chef aus dem Team raus.